APPsoluteGOLF.de
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27.10.2020

 

Liz von Bonin

 

Ziemlich gestört

 

Eines steht fest: Im Golfsport gibt es natürlich ebenso Psychopathen wie in allen anderen Sportarten auch. Sie sind nur leider so verdammt schwer zu durchschauen, weil die Grenzen zum Normalo fließend sind. Ist der ehrgeizige Siegertyp, der Golf als ein Spiel auf Leben und Tod betrachtet, gleich ein Psycho? Oder einfach nur ein Beknackter, der den Spaß am Spiel nicht begriffen hat?

 

Das ist doch ein Psychopath.“ Mit einer solchen Äußerung ist man manchmal schnell dabei, wenn sich jemand ziemlich idiotisch verhält. Rückblick auf eine Golfrunde, die mir einmal zu denken gab: Der Flighpartner, Mitte vierzig, teure Ausrüstung und edel gewandet, sagte nach dem ersten „Hallo“ beim ersten Abschlag auf den folgenden 18 Löchern kein einziges Wort mehr. Ich: „Toller Schlag.“ Er: schwieg. Nach vergeigten Schlägen ballte er die Fäuste, schloss die Augen, runzelte die Stirn, presste die Atemluft rein und raus, schüttelte den Kopf. Ich: „Mulligan?“ Er: schwieg. Für mich stand fest: ein Psychopath. Wie kann man Golf nur so ernst nehmen? Und dann die Überraschung am Ende der Runde. Er holte den letzten Ball aus dem Loch, reichte mir die Hand und lächelte mich äußerst freundlich, beinahe strahlend an. „Danke, war ein wirklich schönes Spiel mit Ihnen.“ Ich nickte – und schwieg.

 

War das nun ein wirklich Psychopath? Und wäre mir ein Spieler, der nach jedem misslungenen Schlag ausgerastet wäre, seinen Schläger auf den Boden geknallt und unkontrolliert geflucht hätte, als Flightpartner lieber gewesen? Schwierige Frage, schwierige Antwort – weil man ja im Golfsport ohnehin oft so viele kuriose Erfahrungen macht und einem kaum noch etwas fremd ist. Beispiel Charity: In keiner anderen Sportart gibt es derart viele, für den jeweiligen Veranstalter rundum gut beworbene Benefiz-Turniere! Und zwar so viele, dass man schon vermuten möchte: Die Charity-Veranstalter sind fast besser organisiert als die offiziellen Golfverbände. Aber das ist ja auch gut so: Hauptsache, es kommt Geld für gute Zwecke in die Kassen.

 

Was wir uns jedoch fragen müssen: Darf Golf als „Kampfsport“ auch politisch ausgelegt werden? Ich hege leise Zweifel, weil politisch motivierte Aktivitäten oft Personen oder Ideen zu Bedeutungen verhelfen, die eigentlich nur Verachtung verdienen. Da gibt es seit einiger Zeit Benefiz-Turniere unter dem Titel „Golf gegen rechts“. Der Erlös solcher Turniere kommt lokalen Projekten zugute. Gut, Aktionen gegen rechte Psychos sind immer sinnvoll und zu befürworten. Aber sollte man dann nicht auch noch einen sozialen Schritt weiter gehen – mit Turnieren wie „Golf gegen Altersarmut“, „Golf gegen Wohnungsnot“ und „Golf gegen den Pflegenotstand“ oder „Golf für Organspenden“? Und weil es derzeit auch noch ein weiteres großes Thema gibt: Wie wäre es mit „Golf gegen/für Urheberrecht“? Wichtiger Hinweis für Charity-Psychos: Die oben genannten Turnier-Titel sind bislang urheberrechtsfrei. Also ran an den Speck.

 

Doch jetzt eine ehrliche Frage: Sind wir nicht alle ein bißchen „Psycho“? Um das herauszufinden, klicke man im Web einfach mal Seiten mit diversen Tests an. Da tauchen dann unter anderem Fragen auf wie „Findest du, du bist nicht für einen legalen Job geeignet und würdest gerne Läden ausrauben?“: 1. schon, 2. nein, 3. kein Kommentar. Erheiternd dann das Beispiel einer Schlussfrage: „Mit welchen zwei Worten würdest du diesen Test beschreiben?“: 1. einfach gestört, 2. wunderschön, 3. absolut krank, 4. nie wieder. Also ehrlich: Gestörter geht’s gar nicht, ihr Psychos!

 

Nirgendwo gefunden habe ich übrigens die Frage: „Welche Sportart betreibst du am liebsten?“: 1. Hallen-Halma im Stehen, 2. Schach im Liegen, 3. Golf in wundervoller Natur. Dabei würde man vielleicht gerade hier einen echten Psycho entdecken – nämlich den, der die „3“ anklickte. Gemein, oder? Nein, eben nicht, denn der Golfsport hat in Deutschland ja erwiesenermaßen in der Öffentlichkeit mehrheitlich ein denkbar schlechtes Ansehen. Sie wissen schon: ein Psycho-Spiel für reiche alte Männer in karierten Hosen. Das allerdings ist längst überholt – karierte Hosen trägt kaum noch jemand. Und reich muss man auch nicht mehr sein, um diesen Sport auszuüben.

 

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