Grip It and Eat It
John Daly startet seine Pizza-Kette
Der Junge ist einfach grandios. In seiner Autobiographie „Das bin ich – Mein Leben“ hat er einmal geschrieben:
„Seht, ich habe nicht gerade das geführt, was man ein gewöhnliches Leben nennt.
Ich habe sechs Kontinente bereist – und auf fünf davon Golfturniere gewonnen.
In meinen dunkleren Tagen trank ich, war in einigen Notaufnahmen zu Gast und verbrachte Zeit in ein paar Rehabilitationseinrichtungen.
Ich demolierte Hotelzimmer, Häuser und Autos.
Ich verspielte mehrfach ein Vermögen.
Ich lebte von Diät-Cola, Marlboro Lights und der Unterstützung meiner Fans.
Ich wog etwa 130 Kilogramm – und habe etwa 30 in drei Monaten abgenommen.
Und ich war viermal verheiratet.
Ich denke, man kann sagen, ich bin nicht gerade ein Paradebeispiel für diszipliniertes Verhalten.“
Menschen lieben das Außergewöhnliche. Des- halb lieben sie auch heroische Chaoten, die ihr Leben an beiden En- den anzünden – und sich dabei oft selbst abfackeln. Doch wes- halb liebt man solche Typen? Weil sie etwas vorleben, wozu dem Normalbürger der Mut fehlt? Weil für sie die Sonnen- und Schattenseiten zum ganz normalen Irrsinn des Lebens gehören? John Daly ist so ein Typ – der perfekte „Reise- begleiter“ in eine Welt, in der Genie und Wahnsinn eng und unkontrolliert beieinander liegen. Sein Motto: „Grip it and rip it.“ Nimm’ den Schläger und hau drauf.
Der Marlboro-Man
91er Jahr blitzt sein Genie auf: Er gewinnt sein erstes Major, die US PGA Championship. Während der Turnierrunden trinkt er Bier aus Pappbechern und raucht ohne Ende. Der Marlboro-Mann (pro Jahr zieht er etwa 17.000 Stück der Sorte Light in die Lunge) gewinnt danach zwei weitere Turniere, verpasst aber auch bei 90 Starts auf der PGA Tour dreißigmal den Cut, wird immer wieder mal disqualifiziert und von der Tour suspendiert, erhält diverse Geldstrafen. Und trinkt.
Und trotzdem lieben die Golffans diesen unberechenbaren Chaoten, der ihnen unaufhörlich zeigt, wie man in diesem Sport trotz einer eher ungewöhnlichen Einstellung und mangelnder Disziplin nicht nur überleben, sondern auch noch erfolgreich sein kann.
1995 teet er in St. Andrews bei den British Open auf. „Zu den British Open 1995 war ich ein Wrack“, gibt er später in seinem Buch zu. „Und trotzdem hatte ich irgendwie ein gutes Gefühl, was meine Chancen betraf.“ Das Gefühl hat ihn nicht getrogen: John Daly gewinnt sein zweites Major. Und von da an beginnt eine Berg- und Talfahrt.
2001, bei der BMW Inter- national Open. Da sind unter anderem Spieler wie Retief Goosen, Colin Mont- gomerie oder José Maria Olazábal und Bernhard Lan- ger am Start – doch der erklärte Publikumsliebling ist vom ersten Tag an John Daly. Im Vorfeld wird er bei einem Interview gefragt, ob er schon in einem typischen Münchner Biergarten war. „Nein“, antwortet Daly grinsend, „ist auch besser so, denn sonst würde ich jetzt noch dort sitzen.“ Er gewinnt das Turnier mit einem bis dato einmaligen Rekordscore von –27.
Seither hat er auf den Golf-Touren nichts mehr zerrissen. Doch die Leute lieben den inzwischen 47-Jährigen immer noch. Und sie werden seine Pizza essen. Er hat eine Website gestartet: www.JohnDalyPizza.com. Die Werbesprüche kann man knicken: „Das ist eine Pizza von einem Golfer für Golfer“. Der schärfste Spruch: „Grip It and Eat It“.
Na denn, wenn's John dient. Wir drücken ihm auf alle Fälle die Daumen.