The Irish Whiskey & Golf Trail
Liquid Sunshine
Golf & Whiskey – eine Sym- biose, wie man sie so nur in Irland findet. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es so viele Destillen oder Whiskey-Wallfahrtsorte, die von Golf- plätzen in unmittelbarer Nähe regelrecht umzingelt werden.
Um eine Geschichte über Golf & Whiskey in Irland zu schreiben, muss man vor allem drei Dinge lieben: Golf, Whiskey und Irland. Und man sollte nicht zu wählerisch sein, was das Wetter betrifft. Obwohl: In Irland regnet es ja nicht – es schauert nur hin und wieder. „Liquid Sunshine“ nennen das die Iren in ihrer optimistischen Lebenseinstellung.
Viele irische Genießer bezeichnen so allerdings auch ihren Whiskey. Noch kurz zur Schreibweise: In Irland ist es der Whiskey, in Schottland der Whisky, ohne „e“. Da wie dort heißt es auf Gälisch „uisce-beatha“ – und gemeint ist damit das „Wasser des Lebens“. Welch eine angenehme Umschreibung für etwas, das je nach Geschmack allenfalls mit ein paar Tropfen frischen Quellwassers verdünnt wird.
Viele
gute Gründe
Dublin, abends im tur- bulenten Bezirk Temple Bar, in der gleichnami- gen Kult-Bar. Das Leben brummt, dicht an dicht gefühlte 500 Gäste in den vier kleinen Räu- men. Angeblich gibt es hier die größte Whiskeyauswahl in ganz Irland. In Nordirland, also in Großbritannien, behaupten sie übrigens, dass es in Belfast im „Duke of York“ die größte Whiskeyauswahl Irlands gibt. So ist das mit getrennten Staaten. Doch zurück in die Temple Bar: Auf der winzigen Bühne zwei Musiker mit Banjo und Guitarre – ihre irischen Folk Songs sorgen für Stimmung und weichen notfalls jedes noch so harte Herz auf.
Der etwa siebzigjährige Rauschebart, der jetzt in der Temple Bar neben mir steht, ein Glas uisce-beatha in der Hand hält und sich als Paddy O’Malley vorstellt, hat offenbar schon ein weiches Herz. Ich habe ihn vorhin auf der Straße beobachtet, wie er jungen Straßenmusikanten einen 10-Euro-Schein in die Hand drückte.
„Tourist?“ fragt er. Ja, ein paar Golftage in Irland. Paddy ist Mitglied im noblen The Royal Dublin Golf Club, dem zweitältesten Club in Irland. Und er spielt, wie fast alle Iren, „ein ordentliches Handicap“. Ein wenig Small Talk über Golf, und nach dem dritten Glas sagt er, dass es noch viele andere gute Gründe gäbe, um Irland zu besuchen: etwa Bushmills, Connemara und Greenore, Jameson und Tyrconnell, Kilbeggan, Tullamore und Midleton. In Paddys Glas leuchtet übrigens der Connemara, sein Lieblingswhiskey.
Soviel vorweg: Wollte man ausführlich über alle Golfplätze und Whiskey-Pilgerstätten in Irland berichten, würde ein dickes, dickes Buch daraus. Deshalb hier nur eine kleine Auswahl, ein Vorschlag für einen ganz individuellen „Irish Whiskey & Golf Trail“.
Von Golfplätzen umlagert
Hat man die Temple Bar überlebt, bietet sich am nächsten Tag eine Runde im reizvollen Clontarf Golf Club an: 18 herrliche Parkland-Löcher, Par 71, 1912 gegründet, nur rund 2,8 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Und was trinkt man nach der Runde an der Bar? Richtig: Clontarf Single Malt. Neben den berühmten, schon hundertmal beschriebenen Portmarnock Championship Links (Design: Bernhard Langer) am nordwestlichen Stadtrand von Dublin ist Clontarf eine von acht weiteren Golfanlagen, die die Old Jameson Distillery in der Bow Street im Herzen von Dublin umlagern. Dort wird zwar schon lange kein Whiskey mehr gebrannt, ein Besuch in den ehemaligen Produktionsstätten (mit Verkostungen, Souvenir- und Whiskey-Shop, Bar und Restaurant) lohnt jedoch immer. Jameson, weltweit eine der bekanntesten Whiskey-Marken, wird heute in Midleton im Süden Irlands in der Nähe von Cork produziert und gehört zu dem französischen Unternehmen Pernod Ricard.
Cooley’s Master Blender
Der Trail führt auf der Autobahn M1 weiter nach Norden, rund 75 Kilometer sind es von Dublin aus bis Dundalk. Am Stadtrand gibt es das Ballymacscanlon House Hotel, ein besonders romantischer alter Herren- sitz, dessen Ur-Geschichte – wie fast jede in Irland – immer irgendwie auf die alten Normannen zurück- geht und in diesem Fall eine erste urkundliche Er- wähnung im Jahr 833 n. Chr. findet. Das charmante und komfortable 4-Sterne-Haus bietet neben einer sehr guten Küche und einer ausgezeichnet sortierten Bar drei weitere Vorteile: einen hübschen 18-Lochplatz direkt vor der Haustür, einen weiteren, den Dundalk Golf Club, nur ein paar Kilometer entfernt – und die Nähe zu Cooley. Womit wir wieder beim Thema wären. Whiskey!
Rund zehn Minuten fährt man mit dem Auto nach Cooley – in die Höhle des Löwen. Hier wird in großen kupfernen Destillier- apparaten (so genannte Pot Stills) dreifach gebrannt, was in der Welt der Liebhaber von irischem Whiskey Rang und Namen hat: Connemara, Kilbeggan und Locke’s, Tyrconnell oder Greenore und einiges andere mehr. Insgesamt rund drei Millionen Liter pro Jahr. Die feinen Tropfen liegen in tausenden von Fässern oder abgefüllten Flaschen in großen Lagerhallen. Seit Dezember 2011 gehört Cooley’s zu Jim Beam; 95 Millionen Dollar haben die Bourbon-Jungs dafür bezahlt.
Noel Sweeny, 53, ist „Master Blender“ und „Quality Manager“ bei Cooley’s – und natürlich spielt er auch Golf, im Dundalk Club, 18 Löcher inmitten einer idyllischen Parklandschaft. Ein Master Blender sorgt übrigens dafür, dass jeder Whiskey beständig seine bestimmte Komposition und Qualität erreicht.
Das eigentliche Reich von Sweeny ist etwa acht Quadratmeter groß, ein winziges Büro, in dem unzählige kleine Fläschchen mit kryptischen Zahlen und Buchstaben stehen. Noel Sweeny und ich „blenden“: hiervon ein Schlückchen, davon ein Schlückchen, das ganze noch mal von vorne und wieder zurück und so weiter und so fort – bis alle „bestimmten Kompositionen“ erreicht sind. Und irgendwann scheint das kleine Büro ein riesiger, rosaroter Ballsaal zu sein. „In meinem nächsten Leben möchte ich Master Blender werden“, sage ich zu Noel. An seine Antwort erinnere ich mich nicht mehr. Am nächsten Morgen blendet es bei mir ganz ordentlich nach.
Titanic – zum Trinken
Und erneut weiter nach Norden, nach Belfast – doch unbedingt über Newcastle, denn dort, in Nordirland, liegt einer der schönsten Links Courses der Welt: Royal County Down. „Roil Cointi Doin“ sagen die Einheimischen. Hier eine Runde zu spielen, auf den Champion Links – das zählt zu den wirklich großen, ebenso anspruchsvollen wie einmaligen Golferlebnissen. Kleines Beispiel: Der Abschlag von den gelben Tees (6.100 Meter) wird Golferinnen empfohlen, die ein Handicap 4 oder besser spielen. Und billig ist der Spaß auch nicht: In der Zeit von Mai bis Oktober bezahlt man unter der Woche knapp 200 Euro pro Runde, am Wochenende sogar 215 Euro. Aber ehrlich gesagt: Jeder Euro lohnt sich.
Knapp eine Stunde fährt man von Newcastle nach Belfast – und dort stehen beim „Irish Whiskey & Golf Trail“ weitere Highlights auf dem Programm. Etwa „Duke of York“, jene urgemütliche Bar im Herzen von Belfast mit dem größten Whiskeyangebot in Nordirland. Mehr als 120 Sorten hat Bar-Manager Paul O’Hare, 37, im Angebot. Der teuerste Whiskey ist ein schottischer Black Bowmore Islay, Jahrgang 1964. 35ml kosten 250 Euro, die ganze Flasche liegt bei 5.000 Euro. Aber natürlich stehen auch großartige Irische auf der Karte, beispielsweise ein 15-jähriger Greenore für umgerechnet sieben Euro pro Gläschen.
Eine kleine Geschichte am Rande: Vor 76 Jahren wurde die letzte Whiskey-Destille in Belfast zugemacht; erst seit Januar 2011 gibt es dort wieder einen Produzenten – die Belfast Distillery Company. Und die ließ sich dann exakt zum 100-jährigen Jubiläum der Titanic-Schiffstaufe (am 31. Mai 1911) einen besonderen Werbegag einfallen – mit dem „Titanic“-Whiskey.
Rund um Belfast bieten sich neun Golfplätze an, durchwegs herrliche Anlagen mit großer Tradition. Der Malone Golf Club etwa, einer der schönsten Parkland-Clubs der Region und vom Stadtzentrum aus in rund 30 Autominuten erreichbar, wurde bereits 1895 gegründet. Startzeiten auf der 27-Loch-Anlage kann man problemlos buchen.
Legendäre Links
Ist man schon mal in Belfast, dann lohnt sich auch die rund 95 Kilometer lange Fahrt an die Nord- küste von Irland. Die beiden Anziehungs- punkte dort: der legendäre Links Course Royal Portrush und Bushmills, wo angeblich schon 1608 erstmals Whiskey gebrannt wurde. Auch diese berühmte Destille ist, wie nahezu alle anderen irischen Brennereien, längst nicht mehr eigenständig – sie gehört zum internationalen Getränkekonzern Diageo, der sich unter anderem auch Guinness (Bier), Smirnoff (Wodka) und Grand Marnier (Likör), Captain Morgan (Rum) oder Single-Malt-Klassiker wie Lagavulin, Oban und Talisker einverleibt hat.
Dem Genuss tut das jedoch keinen Abbruch. Für eine Führung durch die Destille muss man sich vorher anmelden. Aber ehrlich gesagt: Kennt man eine, kennt man alle Destillen. Entscheidend ist doch – und das wusste schon der Wiedervereinigungskanzler Helmut Kohl – letztlich nur, was hinten rauskommt. Etwa ein Black Bush oder Artitst’s Reserve. Schön abgefüllt in Flaschen und handwarm getrunken.
Und wenn man dabei nicht übertreibt, schafft man auch mühelos die zwei Kilometer nach Portballintrae – ins hübsche Bayview Hotel. Das komfortable 25-Zimmer-Haus liegt direkt am Strand einer großen Bucht und bietet eine wundervolle Aussicht auf die endlose Weite des Atlantischen Ozeans. Und: Es ist weithin bekannt für seine gute Küche.
Der Golf-Hit liegt knapp acht Kilometer vom Hotel entfernt: der Golf Club Royal Portrush, gegründet im Jahr 1888. Man erreicht ihn auf dem Giants Causeway, eine atemberaubende Küstenstraße mit diversen Sehenswürdigkeiten, wie etwa der mächtigen Ruine des Dunluce Castle. Es gibt hier zwei 18-Loch-Plätze, den Dunluce und den Valley Course. Dunluce ist der berühmtere, jüngst fanden hier die Irish Open statt. Er ist ein echtes Links-Kleinod, eingebettet in eine wilde Dünenlandschaft direkt am Meer. Die Löcher tragen Namen wie etwa „Himalaya“, „Feather Bed“ oder „Calamity“. Mannshohe Pott-Bunker, blitzschnelle Grüns, oft lange Carry-Distanzen bis zum Beginn der Fairways. Nicht umsonst wird hier ein Handicap von -18 empfohlen. Spielt man diesen Platz mit einem einigermaßen guten Score, dann hat man sich danach einen (oder mehrere) Bushmills redlich verdient.
Doch noch etwas: Sollte es keine Startzeit in Royal Portrush geben, kann man fast daneben für acht Euro eine schnelle Runde auf dem 3-Loch-Kurzplatz Ballyreagh drehen. Wundervoll gelegen an der Küste, Traumaussicht auf den Ozean, nichts Aufregendes aber very charming. Der kleine Proshop ist vollgestopft mit jeder nur erdenklichen Ausrüstung, unter anderem auch mit gebrauchten, sehr gut erhaltenen Schlägersätzen. Besitzer Bob Cockcroft, 59, liebt übrigens Bushmills, den 16-Jährigen.
Niedergang und Auferstehung
Nun wäre die Geschichte des „Irish Whiskey & Golf Trail“ beinahe zu Ende – gäbe es da nicht noch die Orte Tullamore (100 Kilometer west- lich von Dublin), nicht weit davon entfernt Kilbeggan und Midleton im Süden der Grünen Insel bei Cork. Doch selbst Hardcore-Whiskey-Liebhaber können sich die Reisen dorthin sparen – wenngleich es auch in diesen Gegen- den ausgezeichnete Golfplätze gibt.
So stark der Golfsport in Irland expandierte, so zielsicher ging der irische Whiskey, der einst international den Markt beherrschte, im 20. Jahrhundert den Bach runter. Gründe dafür gab es viele: die Prohibition in Amerika, das englische Handels- embargo während der Unabhängigkeitsbewegung, extreme Steuerschrauben, Weltkriege und veraltete Produktions- techniken.
In Tullamore wurde 1954 die letzte Flasche Dew produziert, in Kilbeggan gingen 1957 die Lichter aus. 1966 gab es in Irland nur noch vier aktive Brennereien. Jameson, Powers und Cork, Anfang 1970 auch noch Bushmills, fusionierten zum Unter- nehmen Irish Distillers Group, das schließlich 1987 an das französische Unternehmen Pernod Ricard verkauft wurde.
Die Auferstehung: Mit Cooley’s kam 1987 wieder Leben in die alten – und neuen – irischen Pot Stills. Ehemals großartige Produktionsstätten wie Jameson in Dublin, Tullamore oder Kilbeggan sind heute kleine Museen. Der inzwischen boomende Tullamore Dew wird vorläufig noch in Midleton gebrannt und gehört – nach Pernod Ricard und der C&C Group – jetzt zu „William Grant & Sons“. Die Besitzverhältnisse irischer Distillers wechseln in Zeiten der Globalisierung schneller als das irische Wetter. Aber wenn’s der Sache, sprich: dem Whiskey, dient?
Also belasse ich es beim Trail von Dublin nach Portrush – und fahre zurück nach Dublin. Ein letzter Abend, dieses Mal in der Palace Bar in der Fleet Street, Bezirk Tempel Bar. Ich treffe Michael Borre, den Initiator des „Irish Whiskey Trail“, auf dessen Website viele Informationen für einen Trip zu den schönsten Whiskey-Desti- nationen gegeben werden. Michael kennt alle Geschichten über das „Wasser des Lebens“. Sein Lieblingsstoff: Midleton Powers Gold Lable, 12 Jahre alt. Doch während wir damit unsere Grenzen ausloten, reden wir fast nur über Golf, über all die traumhaften Plätze, die Irland so bietet. Kaum ein Wort über Whiskey. Weil er ohnehin dazu ge- hört – zu einer perfekten Runde Golf.
Fred König
Hotels
Dublin
Temple Bar Hotel 3*
Maldron Hotel 4*
www.maldronhotelcardifflane.com
The Westin Dublin 5*
Dundalk
Ballymascanlon House Hotel 4*
Crowne Plaza Dundalk 5*
Belfast
Malone Lodge Hotel & Apartments 4*
www.malonelodgehotelbelfast.com
Ramada Plaza Belfast 5*
Portballintrae / Portrush
Bayview Hotel 4*
Golfplätze
Dublin
Clontarf Golf Club
Portmarnock Golf Links
Dundalk
Dundalk Golf Club
Ballymascanlon Golf Course
Newcastle
The Royal County Down Golf Club
Belfast
Malone Golf Club
Royal Belfast Golf
Portrush
Royal Portrush Golf Club
Whiskey-Adressen
Dublin
Dundalk
Belfast
Duke of York
www.viewbelfast.co.uk/pubsandbars
Bushmills
Irish Whiskey Trail
Allgemeine Infos zu Irland